Zertifizierte Leistungen gemäß § 45a SGB XI für Demenzbegleitung in 76829 Landau und Umgebung. 0176/34 34 86 74; ed.gn1748071593utiel1748071593gebzn1748071593emed@1748071593ollah1748071593.

Das Kind in den Eltern

Der Umgang von Angehörigen mit kognitiv eingeschränkten Eltern ist oft von einer Umkehrung der Verhältnisse aus der Kinderzeit geprägt. Da uns die Eltern ins Leben brachten, ist es nachvollziehbar, dass Kinder ihre Eltern am Lebensabend begleiten und sich die Verhältnisse umkehren: Kinder versuchen sich nicht selten in ähnlichen Erziehungsmethoden wie die Eltern früher. Das ist in Ordnung und nachvollziehbar. Handelt es sich jedoch um den Umgang mit kognitiv (hier demenziell) eingeschränkten Eltern, ist eine solche Herangehensweise zunächst von Irrtümern und Fehlern geprägt. Auch das ist in Ordnung, wenn man das erkennen will und ändern kann. Wird das nicht erkannt, ist Frust vorprogrammiert.

Dazu ein Beispiel: Maja Musterfrau kennt ihre Mutter ganz genau, schließlich sind sie seit ca. 50 Jahren Mutter und Tochter. Mama hat die Diagnose Demenz bekommen und Maja versucht mit aller Liebe eines Kindes, ihrer Mutter bei der Bewältigung des Alltags zu helfen.

»Komm, Mama, wir gehen eine Runde spazieren. Guck mal, Du musst zuerst die Schuhe anziehen und dann ganz einfach die Schnürsenkel zubinden, Du weißt doch noch wie das geht? Setzt Dich dazu mal hin.«

Fünf Informationen in Folge. Mama setzt sich – wie als Letztes gewünscht – in den Sessel, schaut plötzlich ganz verständnislos und fragt: »Was soll ich jetzt machen?«

»Och, Mama, das kann doch nicht so schwer sein, Du musst  nur in die Schuhe schlüpfen und die Schnürsenkel zubinden. Mach mal, wir wollen doch spazierengehen.«

Vier Informationen in Folge: … nun folgt – statt des Spaziergangs – ein mehr oder weniger ausgeprägter Dialog, der seitens Maja immer von der Voraussetzung geprägt ist, dass Mama früher auch wusste, wie das geht, und dass das doch nicht so schwer sein kann. Seitens der Mama wird eigentlich nur auf die Ansagen von Maja – oft affektiv – reagiert, ohne dass Maja ein wirkliches Verständnis für das Gesagte voraussetzen kann, es aber tut. Kommt hierzu ein Zeitdruck, weil Maja muss später irgendetwas anderes machen will, entstehen Spannungen.

Der theoretisch verständliche Umschaltprozess, dass Mama jetzt nicht mehr die Mama ist, die alles weiß und alles richtet, ist praktisch gar nicht so präsent, wie er sein könnte. Kinder lösen sich nicht einfach von ihren Eltern, wenn sie aus dem Haus sind, sondern die Beziehung verändert sich, beruht aber immer noch auf den frühen Kindesprägungen, dass unsere Eltern Meister des Alltags waren und demzufolge auch irgendwie noch sein müssten.

Fehlen der Mama die Beine, ist es offenkundig, dass sie nicht mehr laufern kann. Fehlt ihr aber das (unsichtbare) Verständnis, ist es schon schwerer erfassbar, was sich hier geändert hat und noch ändern wird.

Mama hat Demenz. Das ist zwar eine Diagnose, aber die Diagnose führt nicht automatisch zum Verstehen der Angehörigen. Verbindet Maja die simple Aufforderung des Schuheanziehens mit der Aufforderung zum Setzen, bleibt in der Regel die letzte Aufforderung präsent. Mama setzt sich und weiß vielleicht nicht, warum sie sich eigentlich setzen sollte. Dass sie der (letzten) Aufforderung folgt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie den Grund (noch) versteht. Sie setzt sich oft einfach deshalb, weil Maja das (zuletzt) so gesagt hat, denn auch bei ihr ist irgendwie präsent, dass Maja jetzt die Rolle der Mama übernommen hat. Und da neue Eindrücke die alten ganz schnell verdrängen, bleibt nur das Setzen im Bewusstsein.

Wenn ein Kind den Eltern also bei im Umgang mit der Demenz wirklich helfen will, ist es nötig, sich selbst mit den Auswirkungen und oft unvorhersehbaren Änderungen zu konfrontieren. Deshalb gehört zur Demenzbegleitung auch die Arbeit mit Angehörigen, selbst wenn diese anfänglich glauben, es ginge doch (nur) um die Mama.

Auch das hört sich einfacher an, als es ist, denn Maja hat ja schließlich ein eigenes und oft ausgefülltes Leben, in das nun auch noch die Demenz von Mama platzt. Da erscheint es schwer, sich auch noch selbst mit der Thematik auseinandersetzen zu sollen. ABER: Es ist immens wichtig, dann auf diese Weise bleibt ein Kontakt zu Mama erhalten, der ohne diese Auseinandersetzung mit dem Thema sehr schnell verloren gehen kann.